Spot on. Syrische Dokumentarfilme seit 2011
Seit Ausbruch des Krieges 2011 werden in Syrien unabhängige Berichterstattung und freie Meinungsäußerung systematisch unterdrückt. Das Dokumentieren von Demonstrationen oder Repressionen ist zu einem Akt des Widerstandes geworden. Menschen ohne professionelle Kenntnisse werden in dieser Situation dokumentarisch tätig, um der Propaganda der Kriegsparteien eigene Geschichten entgegen zu setzen. Gemeinsam mit erfahrenen Filmemacher*innen, Aktivist*innen und syrischen wie europäischen Produktionsfirmen entstehen dokumentarische Filme in und über Syrien, die auf neuen Wegen produziert und vertrieben werden.
Das 27. blicke filmfestival des ruhrgebiets bietet diesen Arbeiten am 21.11.2019 im Kulturzentrum Bahnhof Langendreer in Bochum mit einem Filmprogramm und einer Podiumsdiskussion eine Plattform.
Filmprogramm:
„Morning Fears, Night Chants“ (2012, 26:57min) von Diana El Jeiroudi und Guevara Namer zeigt eine junge Frau, die gegen den Willen ihrer Eltern an den Demonstrationen gegen das Regime teilnehmen will. Gesang und Musik werden für sie zu Ausdrucksformen des Protests, während sie ihre Rolle als Frau innerhalb der Protestbewegung zu hinterfragen beginnt.
„Citizen with a Movie Camera“ ist ein Projekt der Filminitiative Dox Box, die Videoclips aus Syrien gesammelt, thematisch geordnet und zu mittellangen Dokumentarfilmen montiert hat. Die Folge „In Search for Truth“ (22:50min) zeigt mit Aufnahmen von 2012 bis 2013 die immer brutaleren Reaktionen auf die anhaltenden Demonstrationen.
„Tuj“ (2013, 02:09min) von Khaled Abdulwahed ist eine experimentelle Auseinandersetzung mit Krieg, der zunehmend Alltag wird. Der Filmemacher und Videokünstler musste Syrien verlassen und realisiert seine Arbeiten mittlerweile in Deutschland.
„Letters to S.“ (2015, 11:50min) wurde von einer anonymen Regisseurin gemeinsam mit Schweizer Filmstudierenden produziert. Der Film folgt der Perspektive einer syrischen Künstlerin, die während einer Art Residency in Zürich halb belustigt, halb resigniert den Umgang der Schweiz mit Geflüchteten beobachtet.
„One Day in Aleppo“ (2017, 24:46min) von Ali Al Ibrahim dokumentiert einen Tagesablauf in der umkämpften Stadt Aleppo. Die Szenen wurden zwischen 2016 und 2017 aufgenommen. Drei Protagonisten kamen während dieser Zeit in der belagerten Stadt ums Leben.
Podiumsdiskussion:
Im Anschluss an das Filmprogramm findet eine Podiumsdiskussion statt, die sich dem aktuellen syrischen Dokumentarfilmschaffen aus unterschiedlichen Perspektiven nähert. Teilnehmer*innen:
Guevara Namer ist eine syrisch-kurdische Fotografin und Dokumentarfilmemacherin. Ihr Film „Morning Fears, Night Chants“ feierte 2012 auf dem International Documentary Film Festival Amsterdam Premiere. 2014 war sie Mitinitiatorin der Neugründung des syrischen Dokumentarfilmfestivals „Dox Box“ als Verein in Berlin. Ihr erster dokumentarischer Langfilm „The Other Side of the River“ erscheint 2020. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Irit Neidhardt betreibt die internationale Verleih- und Vertriebsfirma mec film. Sie ist Koproduzentin mehrerer preisgekrönter arabischer Dokumentarfilme, kuratiert Filmprogramme und publiziert regelmäßig zum Themengebiet Kino und arabische Welt.
Ali Al Ibrahim ist Dokumentarfilmemacher und Journalist. 2018 erhielt er für seinen Film „One Day in Aleppo“ den „Young Journalist Award“ der BBC. Er ist TED-Fellow 2019 und leitet Bildungsangebote für syrische Medienschaffende in den Bereichen investigativer Journalismus und fact checking. Er lebt in Jönköping, Schweden.
Das Podium wird moderiert von Larissa Bender. Sie ist Dozentin, Literaturübersetzerin aus dem Arabischen und Journalistin mit Schwerpunkt Syrien und arabische Literatur. Sie hat zwei Anthologien über Syrien herausgegeben und zahlreiche syrische Autor*innen übersetzt. 2018 erhielt sie für ihr Engagement als Brückenbauerin in die arabische Welt das Bundesverdienstkreuz.
Die Filme werden in Originalfassung mit Untertiteln gezeigt. Die Podiumsdiskussion findet auf Deutsch statt. Übersetzung: Hussein Gaafar.
Bitte anmelden unter: info(at)blicke.org
1989 gründeten 12 Menschen den gemeinnützigen Verein "Klack Zwo B" und produzierten zehn Jahre lang ein monatliches Videomagazin. 1993 riefen einige Redaktionsmitglieder das Filmfestival "Blicke aus dem Ruhrgebiet" ins Leben - als Ort der Präsentation und Begegnung mit der regionalen unabhängigen Filmszene.
Das 27. blicke filmfestival des ruhrgebiets findet vom 20. bis 24.11.2019 im Kulturzentrum Bahnhof Langendreer in Bochum statt.
Förderer und Kooperationspartner: Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, Stadt Bochum, Landesverband Westfalen Lippe, Interkultur Ruhr, Fachhochschule Dortmund, Ruhr Universität Bochum.