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Ihr bestimmt das Tempo.

Interkultureller Kalender 2022. Foto: Guido Meincke

Ihr bestimmt das Tempo.

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Interkultureller Kalender 2022

Fabian Saavedra-Lara im Gespräch mit Zekai Fenerci (Pottporus e.V.)

Der Interkulturelle Kalender feiert die einzigartige Vielfalt des Ruhrgebiets. Mit der Edition 2022 stellen wir jeden Monat Akteur:innen vor, die das kulturelle Leben im Ruhrgebiet mitgestalten. Im November hat Fabian Saavedra-Lara mit Zekai Fenerci von Pottporus e.V. über Hip-Hop-Kultur, Förderung und die Eigendynamik kultureller Entwicklung gesprochen. Das vollständige Interview findet sich in der Publikation „Worauf wir uns beziehen können. Interkultur Ruhr 2016-2021“.

Pottporus e.V. steht für die Weiterentwicklung und Förderung der Hip-Hop-Kultur in der Metropole Ruhr. 2007 von Zekai Fenerci in Herne gegründet, ist der Verein Dach für das Urban Art Festival, die Hip-Hop-Tanzakademie und das Junge Pottporus als Jugendbereich, aus dessen Arbeit das junge Hip-Hop-Ensemble und HipYo!Festival hervorgehen. Mit der urbanen Tanzkompagnie Renegade realisiert Fenerci bundesweit wie international erfolgreiche Tanztheaterproduktionen und holte etwa von 2010–2017 die Sparte Tanz zurück ans Schauspielhaus Bochum.

Fabian Saavedra-Lara (FSL): Welche Rolle spielt Hip-Hop aus deiner Sicht im Bereich Interkultur?

Zekai Fenerci (ZF): Bei der Hip-Hop-Kultur sind wichtige Faktoren auf jeden Fall, dass vor allem Migrant:innen in ihr eine Identität suchen, die sie in Deutschland nicht bekommen – welche auch immer diese sein mag. Aber aus ihrer eigenen Mentalität und Kultur heraus, denke ich. Abgesehen davon suchen sie immer eine Möglichkeit, sich selbst neu zu erfinden, und da kann Hip-Hop eine Rolle spielen. Es wird nicht verlangt, dass du ein bestimmtes Wissen mitbringen musst, um mitzudiskutieren. Das gibt erstmal Freiheit und auch Sicherheit – dass sie ein Teil von etwas sind, was sie selber, glaube ich, noch nicht so richtig identifizieren können, aber trotzdem wachsen sie da rein. Es gibt keine Hemmschwelle beim Zugang zur Hip-Hop-Kultur. Der einfachste und banalste Zugang ist, es gut zu finden. Ohne viele Kommentare: Hey, das spricht mich an, das berührt mich. Bei mir kribbelt da  irgendwas.

FSL: Wie sollten aus deiner Sicht Fördermaßnahmen aussehen, um die freie Hip-Hop-Szene im Ruhrgebiet besser zu unterstützen?

ZF: Vielleicht müsste man sagen: Es gibt Basiskulturangebote, die erstmal einen Zugang zur Kultur schaffen, und ein weiteres Fach, in dem experimentiert wird. Die Visionär:innen, die Experimente machen, brauchen ihren eigenen Schutzraum, aber der Rahmen muss klar sein, und sie müssen ihre eigene Entwicklung in ihrem eigenen Tempo machen dürfen. Das ist, glaube ich, in NRW schon da, aber noch nicht so klar geformt und positioniert. Und der Förderdschungel lässt uns kaum Luft und Zeit und fordert ja auch permanent, sich neu aufzustellen, neu zu formen und neu zu denken. Es ist kompliziert, das zu durchschauen. Viele Fördergeber:innen kriegen kaum mit, unter welchem Druck produziert wird. Die Kulturpolitik sollte sich darauf besinnen zu sagen: Leute, ein  bisschen langsamer. Vielleicht machen wir eher eine langfristige Förderung, vielleicht eine Fünf-Jahres-Förderung. Fünf Jahre – wie so ein:e Bürgermeister:in. Die:der bewirbt sich, kann dann fünf Jahre lang arbeiten und danach zeigen, was sie:er geschafft hat. Vielleicht hat man in fünf Jahren auch eine Selbstständigkeit aufgebaut und kommt danach auch ohne Fördermittel aus. Ich glaube, fünf Jahre müssten mindestens als langfristiger Förderrahmen für kleinere und größere Kollektive im Bereich Kultur möglich sein, auch für die Integration.

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Die gedruckte Version des Interkulturellen Kalenders 2022 ist leider bereits vergriffen. Eine digitale Version (pdf) zum Herunterladen gibt es >> hier. Das vollständige Interview findet sich in der Publikation „Worauf wir uns beziehen können. Interkultur Ruhr 2016-21“.

>> Interkultureller Kalender 2022

>> Worauf wir uns beziehen können. Interkultur Ruhr 2016-21

Interkultureller Kalender 2022. Foto: Guido Meincke
Renegade / Niels „Storm“ Robitzky: back to the roots, Bochum 2021. Foto: Oliver Look
Interkultureller Kalender 2022. Foto: Guido Meincke
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