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Café Kosmos

April 2019
IFFF

Reinszenierungen von Realität im regionalen Familienfilm. Ein Schmalfilmabend mit Kommentaren im Rahmen des Internationalen Frauenfilmfestivals Dortmund | Köln 2019.

Alles kann anders sein! In den 1970er Jahren dreht die Familie Fiedler einen Stummfilm, in dem ihr Partykeller zur Raumstation wird. Im Film bewegen sie sich jenseits der Schwerkraft und der Ordnungen des Alltags. Die private Super 8-Kamera wird zum Medium, in dem sich die Neuerzählung von Rollenmodellen und Lebensentwürfen, die sich langsam in den deutschen Alltag hineinschiebt, erproben und erweitern lässt.

Im Jahr 2018 begann Interkultur Ruhr im Rahmen des Projektes Schmelztiegel Ruhrgebiet – Alltag schreibt Geschichte, historische Familienfilme aus dem Ruhrgebiet zu sammeln. Fast 1000 Schmalfilme aus privaten Beständen wurden von Bewohner*innen des Ruhrgebiets abgegeben, die einem öffentlichen Aufruf gefolgt waren. Zwar stand bei dem Großteil der Amateurfilme ein Mann hinter der Kamera, doch Bild und Handlung wird häufig von den weiblichen Protagonistinnen dominiert. Im Laufe der Zeiten wird dann nicht nur die Kamera immer wieder von Frauen übernommen, sondern auch der tatsächliche Wandel von Rollenmodellen und Körperbildern anschaulich.

Der Amateurfilm bot in der deutschen Nachkriegszeit immer größeren Teilen der Bevölkerung die Möglichkeit, sich selbst zu inszenieren und von außen zu betrachten. Das Filmen ist hier mehr als nur der verlängerte Arm der Erinnerung. Es erscheint als performatives Angebot zur Selbst-Entfremdung. Die Grenze zwischen Dokumentation und Inszenierung verschwimmt. Es liegt eine Lust in der Neuschreibung, aber auch in der Selbstbestätigung von bereits bekannten Bildern, um das Potential für gesellschaftliche Veränderungen generell auszuloten.

Anhand einzelner Filmausschnitte folgt das Super 8-Programm „Café Kosmos“ von Johanna-Yasirra Kluhs und Betty Schiel diesen Dynamiken. Die ausgewählten Filme oszillieren zwischen Entgleisung und Normalisierung und bieten so einen konkreten Anlass, die Bedingungen der Emanzipation in einer konservativen Gesellschaft zu untersuchen.

Das Internationale Frauenfilmfestival Dortmund | Köln ging 2006 aus der Fusion der beiden in den 1980er-Jahren gegründeten Frauenfilmfestivals femme totale (Dortmund) und der feminale (Köln) hervor und ist heute das größte Frauenfilmfestival Deutschlands.

Mit dem Thema „Bilderfallen“ hinterfragt das Festival 2019 die Wahrhaftigkeit von ‚Original’ und ‚Kopie’, von dem was wir als ‚echt’ und als ‚falsch’ bezeichnen. Das IFFF Dortmund | Köln möchte einen globalen Blick in die Vielfalt dieses Themas bieten, um verhärtete Strukturen aufzuweichen und Raum für Neues zu schaffen.

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