Talk: Queerness innerhalb Schwarzer Aktivist:innen- und Künstler:innengemeinschaften
Talk: Queerness innerhalb Schwarzer Aktivist:innen- und Künstler:innengemeinschaften
Im August 2022 waren Marny Garcia Mommertz & Princela Biyaa (Gründer:innen der @associationforblackart_ists) bei PACT Zollverein in Essen zu Gast, um ihren Beitrag zur Publikation „Worauf wir uns beziehen können. Interkultur Ruhr 2016-21“ weiterzudenken und mit dem Publikum zu diskutieren. Gemeinsam mit der_dem transdisziplinären Künstler_in Ijeoma Uzoukwu und der Autorin und Medienkulturwissenschaftlerin Tracy Michalik luden sie zu einem Gespräch über das Thema Queerness innerhalb Schwarzer Aktivist_innen- und Künstler_innengemeinschaften ein. Die Podiumsdiskussion ist in voller Länge im Video zu sehen.
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Im Frühjahr 2020 schrieb Interkultur Ruhr gemeinsam mit dem Internationalen Frauen* Film Fest (IFFF) eine zweimonatige künstlerische Recherche-Residenz zu der Aktivistin und Liedermacherin Fasia Jansen aus. In Folge dessen recherchierten Princela Biyaa und Marny Garcia Mommertz über mehrere Monate in Dortmund, Essen und Oberhausen.
Während der Residenzzeit und Recherche beschäftigten sich die beiden insbesondere mit der Bedeutung von Leerstellen in den vorhandenen Archivalien, da es ihnen schwer fiel, eine persönliche Verbindung zu der 1998 verstorbenen Künstlerin, Friedensaktivistin und Liedermacherin herzustellen. Des Weiteren nahmen Biyaa und Mommertz Kontakt mit Schwarzen Menschen aus Jansens Umfeld auf, wie beispielsweise ihrer Nichte Vivian Seton, die sich als das Erinnerungsverwahrerin der Familie Massaquoi, der väterlichen Familie Fasia Jansens versteht. Mehr dazu kann in der Publikation „Worauf wir uns beziehen können“ nachgelesen werden.
Ein Aspekt in Fasia Jansens Leben, der in den Recherchemonaten immer wieder zur Sprache kam, waren ihre Beziehungen zu Freund_innen und Verwandten, aber auch ihre romantischen Beziehungen. Biyaa und Mommertz führten lange Gespräche mit Ellen Dietrich, Fasia Jansens Partnerin, die über das Kennenlernen, die gemeinsame Arbeit und das Zusammenleben mit Fasia Jansen berichtete. Die Stipendiatinnen erfuhren aus privaten Notizen, Büchern und einem 1992 geführten Interview zwischen Fasia Jansen und Tina Campt über Jansens Gedanken und Erfahrungen mit romantischen Beziehungen. Als Schwarze Frau, die in Deutschland lebte, entschied sie sich, nach aufdringlichen Annäherungsversuchen weißer Männer, romantische Beziehungen nur mit Frauen einzugehen. Diese persönliche und gleichzeitig politische Entscheidung Jansens beschäftigte Biyaa und Mommertz in ihrer weiteren Recherche nachhaltig – auch im Hinblick auf die Tatsache, dass Fasia Jansen viele ihrer privaten Aufzeichnungen und Notizen zerstört hatte und sie ihr Privatleben nur begrenzt zugänglich machen wollte.
Im Gespräch mit den Gäst_innen Lisa Tracy Michalik und Ijeoma Uzoukwu thematisierten Biyaa und Mommertz, ob und wie die Schwarzen Künstler_innen und Aktivist_innen heute Themen um Queerness in ihrer Arbeit ansprechen. Sie sprachen über die Rolle und den Einfluss anderer Schwarzer Künstler_innen auf ihre Arbeit und ihre Gedanken zur Zugänglichkeit und zum Archivieren in ihren Arbeiten, vor allem im digitalen Zeitalter.
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Lisa Tracy Michalik ist Medienkulturwissenschaftlerin, Autorin und Mitgründerin und unter anderem Herausgeberin des defrag zines für feministisch_utopische Gedankenexperimente. Während der Veranstaltung gab sie wertvolle Einblicke in ihre Arbeit mit defrag zine und las mehrere kurze (zum Teil unveröffentlichte) Texte vor.
Ijeoma Uzoukwu lebt in London und schafft Kunst. In der Praxis Uzokwus wird vor allem Raum für kollektive Selbstbeobachtung durch Performance, Bewegtbild und Ton kreiert. Diese facettenreiche Praxis kanalisiert persönliche und spekulative Beiträge zu esoterischen Ontologien und zur selbsterschaffenen Datenbank der Ahnen Uzokwus Igbo-Erbes.
Kern der kollaborativen Residenz zwischen Biyaa und Mommertz war vor allem die Offenheit gegenüber der Prozesshaftigkeit der Recherche. Auch nach offiziellem Ende der Residenz ist das Projekt nicht abgeschlossen, denn es tauchen immer wieder neue Archivalien auf – zuletzt im Fritz-Hüser Institut.
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Die Lesung „Worauf wir uns beziehen können.“ am 27.08.2022 war eine Kooperation von Interkultur Ruhr und PACT Zollverein.