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“Für wen machen wir Kunst?” Eindrücke und Fundstücke aus einem Gespräch mit dem Performer und Regisseur David Kono (Dortmund)

Johanna-Yasirra Kluhs (Interkultur Ruhr), David Kono (Künstler), Ronan Favereau (Künstler / Lotse), Eileen Möller (Performing Arts Programm Berlin), Julian Pfahl (NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste). Foto: Sarah Rauch

“Für wen machen wir Kunst?” Eindrücke und Fundstücke aus einem Gespräch mit dem Performer und Regisseur David Kono (Dortmund)

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Johanna-Yasirra Kluhs

Das Projekt „Lots:innen in die Freie Szene“ des Performing Arts Programm des LAFT Berlin bietet mehrsprachige Informationen und Tipps zu Beratungsstrukturen und Anlaufstellen für transnationale Künstler:innen und Kulturschaffende an. Auch in Nordrhein-Westfalen wurden mehrere Veranstaltungen rund um den französischsprachigen Losten Ronan Favereau realisiert, in Kooperation mit dem NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste e.V. und Interkultur Ruhr.

Im Zusammenhang eines Info- und Vernetzungstages für französischsprachige Künstler:innen und Kulturschaffende in NRW haben wir im September 2021 in kleiner Runde mit dem Dortmunder Performer und Regisseur David Guy Kono über Machtverhältnisse im Kulturbetrieb gesprochen. Im Folgenden einige Eindrücke und Fundstücke aus dem Gespräch:

David Kono kam 2013 durch eine internationale Kooperation nach Deutschland. Die erste Zeit der Arbeit hier war durch rassistische und linguizistische Diskriminierung geprägt. Es war schwierig, als eigenständiger Künstler losgelöst von weißen deutschen Produktionszusammenhängen wahrgenommen und gefördert zu werden. Gegen alle widrigen Bedingungen hat Kono es im Laufe der Jahre geschafft, ein künstlerisches Umfeld von Kreationspartner:innen und Förderer:innen aufzubauen. Er nimmt auch wahr, wie der zunehmend populäre Diversitätsdiskurs Aufnahme in Programme ermöglicht, die 2013 noch ausschließlich weißen Künstler:innen vorbehalten waren. Jedoch kritisiert er, dass nun im Gegenteil viele Theaterhäuser vor allem deswegen eine Zusammenarbeit anfragen, um sich als diversitätssensible Institution auf dem Kunstmarkt zu positionieren. David Kono beschreibt, wie sehr es ihn ermüdet, dass sich keine Situation herstellen lässt, in dem die Kunstproduktion im Vordergrund steht.

David Kono fragt: Für wen machen wir Kunst?

Kono kritisiert außerdem die barrierereichen und bürokratischen Antragsverfahren für Kunstförderung in Deutschland. Deren Zielorientierung hält er für unpassend im künstlerischen Produktionskontext. Die mangelnde Mehrsprachigkeit in der Antragstellung stelle eine kaum zu überwindende Hürde für nicht deutsche oder nicht deutschsprachige Künstler:innen dar. Daraus resultieren nicht auflösbare Abhängigkeitsverhältnisse: Die betroffenen Künstler:innen müssen sich ständig Hilfe suchen bei Freund:innen, Bekannten oder (selten verfügbaren) Beratungsstellen. Kono erwähnt außerdem die Starrheit der Umsetzungs- und Abrechnungsverfahren. Gleichzeitig sei es, sobald man eingetreten sei in den Kreis der öffentlich Geförderten recht sicher, dass man sich auf die zugesprochene Förderung verlassen könne.

Er fragt: Für wen machen wir Kunst?

Ein weiteres großes Thema, auch da es immer wieder als normatives Kriterium im Antragsgeschehen gesetzt würde, ist die künstlerische Arbeit im Kollektiv. Da diese seit Längerem en vogue sei, behaupten viele in Gruppen arbeitende Künstler:innen sich als Kollektiv. Kono ist der Meinung, dass die meisten Kollektive behauptet würden, um die eigenen Förderaussichten zu verbessern. Die Institutionen machen sich aktuell also zu Kompliz:innen von einigen wenigen Akteur:innen, die ihre Leitungsfunktion verstecken und dadurch toxische Machtkonstellationen hervorbringen. Ein echtes Kollektiv sollte Kono zufolge alles gemeinsam entscheiden. Das finge damit an, dass alle beteiligten Künstler:innen Teilhaber:innen einer GBR sein sollten.

Er fragt: Für wen machen wir Kunst?

Kono spricht auch die Undurchlässigkeit von Theaterhäusern an. Häufig würden die Leitungen nur mit Freunden oder schon mit bekannten Schauspielern kooperieren. Neuen Künstler:innen und Schauspieler:innen würde der Zugang zu Projekten dadurch erheblich erschwert. Doch nicht nur das: Es führe dazu, dass die Kunst immer die gleiche bleibt. Entwicklung entstehe aber dadurch, dass kritisiert und konfrontiert wird – so entstehe neues Leben. Das dürfe man jedoch nicht verwechseln mit den Begehren und Forderungen an einen diversen Cast: Solange sich die Strukturen und Mindsets nicht verändern, entstehe dadurch eher ein neues Problem und keine Veränderung.

David Kono fragt: Für wen machen wir Kunst?

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David Guy Kono wurde in Douala (Kamerun) geboren. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung zum Schauspieler, Tänzer und Marionettenspieler im Jahr 2005 wurde er 2009 als bester Schauspieler im Rahmen des Festivals THEATRALEMENT VOTRE ausgezeichnet. Seit 2013 arbeitet Kono mit dem kainkollektiv aus Bochum an Stücken wie Fin de Mission, das Spuren des europäischen Kolonialismus nachgeht. Kono entwickelte 2015 die Performance No Title im Rahmen des Programms The Incantations of the Disquieting Muse bei Savvy Contemporary in Berlin, die sich mit verschiedenen Perspektiven auf den Körper und die Unsichtbarmachung der Seele beschäftigt.

Seit 2017 lebt und arbeitet Kono im Ruhrgebiet. 2017 konzipierte er im Rahmen des Musrara Mix Festival in Jerusalem die Performance Lah Kam, die das Spannungsverhältnis zwischen einem Innen und einem Außen thematisiert. Im Rahmen des Theaterfestivals FAVORITEN in Dortmund entwicklte er in Kooperation mit Antoine Effroy die Performance Tcha. Sol. Boden, in der er der historischen Parallelität von Reichtum und Ausbeutung nachgeht. 2018 wurde David Guy Kono mit dem Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstler:innen ausgezeichnet und war im Jahr 2020 mehrfach mit dem WHY NOT? Kollektiv auf der Bühne. Auf dem FAVORITEN Festival 2020 feierte zudem sein Stück Metamorphose Premiere, das anschließend am Ringlokschuppen in Mülheim an der Ruhr zu sehen war.

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Lots:innen in die freie Szene – Multilinguale Fachtage und Gallery Walk 2021" wird gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Ein Projekt des Performing Arts Programm des LAFT Berlin in Kooperation mit schreiben & leben der Lettrétage, Music Pool Berlin, inm – initiative neue musik berlin e.V., Tanzbüro München, Theaterbüro München, NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste e.V., Interkultur Ruhr, Pop-Büro Region Stuttgart, Freie Tanz- und Theaterszene Stuttgart und Produktionszentrum Tanz und Performance e.V., Dachverband freie darstellende Künste Hamburg e.V. und fluctoplasma.

Download Broschüre: Lots:innen in die freie Szene. Informationen und Beratungen für transnationale Künstler:innen

https://pap-berlin.de

David Kono. Foto: Sarah Rauch
Ronan Favereau. Foto: Sarah Rauch
David Kono und Johanna-Yasirra Kluhs. Foto: Sarah Rauch
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